Update 28. Februar 2023:
Die Openverse-Integration in WordPress 6.2 wird Bilder jetzt doch in der Mediathek lokal in WordPress speichern! Die Veröffentlichung der nächsten Beta-Version wurde zugunsten dieser Änderung auf den 1. März verschoben. 🎉

Mit WordPress 6.2 hält das Openverse Einzug in den WordPress-Core. Die Creative-Commons-lizenzierte Bild-Datenbank könnte Website-Betreiber*innen das Erstellen von Inhalten deutlich erleichtern – einfach nutzbare Bilder werden nur wenige Mausklicks entfernt sein.

Doch neben grundsätzlichen Bedenken, die ich persönlich im Hinblick auf Urheberrechte habe, stellt sich seit letzter Woche die Frage, ob die Openverse-Integration nicht auf ein grundsätzliche Problem zusteuert.
Wie es sich im Moment darstellt, soll das Feature zumindest zum Start von WordPress 6.2 ausgewählte Openverse-Bilder nicht zur lokalen Mediathek hinzufügen, sondern hotlinken.

Über das Laden externer Inhalte

Hotlinking ist im Grunde nur ein hübsches Wort für „Einbetten externer Inhalte“. Im Fall von Bildern verhält sich das so, dass sie nicht lokal vom selben Server aufgerufen werden, auf dem auch die WordPress-Installation liegt. Stattdessen verweisen die Bilder auf einen oder mehrere externe Server.

Auf den ersten Blick ist das keine dramatische Einschränkung. HTML sieht explizit vor, dass Bilder auch von externen Quellen geladen werden dürfen. In der Praxis ergeben sich aber einige Probleme:

Durch die Verteilung der Bilder auf mehrere Server können Ladezeiten negativ beeinflusst werden. In den meisten Fällen wird das nicht über Wohl und Wehe eine Website entscheiden, es ist aber ein Aspekt, den wir nicht vergessen sollten. Außerdem können Bilder, die sich außerhalb der eigenen Kontrolle befinden, ohne Vorankündigung entfernt oder ersetzt werden. Auf der einbettenden Website werden dann im besten Fall einfach kaputte Einbettungen angezeigt.
Deutlich schwerwiegender ist aber ein anderer Aspekt: Ähnlich wie bei eingebetteten Videos, Tweets oder Google Fonts ergeben sich auch beim Hotlinking von Bildern Probleme mit dem Datenschutz.

Lädt eine Besucher*in eine Website mit solchen Bildern, würde ihre IP-Adresse und einige weitere Informationen nicht nur dem Betreiber des Servers bekannt werden, auf dem die Website selbst liegt, sondern auch dem (oder denen), die die Bilder ausliefern.
Bevor das passiert, müssten Besucher*innen ihre explizite Zustimmung erteilen. Das ist mit Sicherheit weder ein geplantes Feature der anstehenden WordPress-Version noch wird es sich angenehm umsetzen lassen.

Der Community-Jurist Udo Meisen nennt das Problem, das da auf uns in Europa zukommt, in einem Post auf Mastodon schon „Google Fonts 2.0“ und spielt damit auf die jüngste Abmahnungswelle rund um die kostenlosen Webfonts an. Und für Website-Betreiber*innen in der EU könnte das Ergebnis tatsächlich ähnlich problematisch und unsicher sein, so lange sie keine zusätzlichen technischen Maßnahmen ergreifen oder vorerst die Finger von Openverse-Bildern lassen.

Konsequenzen und etwas Hoffnung

An dieser Stelle muss ich betonen, dass ich es im Moment (noch) nicht für angemessen halte, in Panik auszubrechen. Zum heutigen Stand (Ende Februar 2023) handelt es sich um eine Beta-Version eines WordPress-Updates, das in knapp einem Monat veröffentlicht werden soll.

Trotzdem möchte ich in den nächsten Wochen ein kritisches Auge auf diesen Aspekt der Entwicklung haben. Für Anwender*innen in der EU ergeben sich damit rechtliche Fallstricke, die einen Einsatz der eigentlich nützlichen neuen Funktion praktisch ausschließen. Für mich persönlich halte ich das für verschmerzbar. Problematischer ist das Ganze sicher für die vielen Endanwender*innen, die sich in diesem Szenario über den einfachen Zugriff auf das freie Bilderarchiv freuen.

Mit etwas Glück finden die Entwickler*innen vor dem Start von WordPress 6.2 aber noch einen Weg, die Bilder in der jeweils lokalen Mediathek abzulegen. Technisch sollte das im Grunde keine besondere Herausforderung darstellen.

Das längerfristige Fazit, das für mich von dieser Geschichte bleibt, ist, dass das WordPress-Projekt an viel zu vielen Ecken noch immer mit einem starken US-Fokus vorangetrieben wird. Sind alle Stimmen aus Europa, die etwa auf Datenschutz einen deutlich Verbraucher*innen-freundlicheren Blick haben, schon vergrault und ausgebrannt?